Stellungnahme: Brauchen Kinder Eier?

Stellungnahme: Brauchen Kinder Eier?

27.02.2024

Schwangerschaft, Stillzeit und Kindheit sind sensible Lebensphasen, in denen eine gute Versorgung mit allen essentiellen Nährstoffen besonders wichtig ist. Eltern wünschen sich die bestmögliche Entwicklung für ihr Kind und wollen somit keine Nährstoffmängel bei ihrem Nachwuchs riskieren. Widersprüchliche Informationen können daher schnell zur Verunsicherung führen. In den letzten Monaten ist die Frage, ob eine pflanzliche Ernährung bei Kindern durch Eier ergänzt werden sollte, immer wieder aufgetaucht. Warum Eier für ein normales Wachstum und eine gesunde Entwicklung nicht notwendig sind und wie eine ausgewogene, rein pflanzliche Ernährung aussieht, die mit allen essentiellen Nährstoffen versorgt, erklären wir im nachfolgenden Artikel.

Datenlage: Wie gesund ist eine vegane Ernährung für Kinder, Schwangere und Stillende?

Immer mehr Studien belegen, dass eine ausgewogene vegane Ernährung während der Kindheit, Schwangerschaft und Stillzeit gut umsetzbar ist und eine gesunde Entwicklung der Kinder unterstützt. Insbesondere in neueren Untersuchungsergebnissen aus den letzten Jahren schnitten vegan ernährte Kinder in der Regel gut ab. Daran ist deutlich zu sehen, dass das Wissen rund um vegane Ernährung während der letzten Jahrzehnte stark zugenommen hat und dass sich vegane Eltern meist intensiv mit einer adäquaten Nährstoffversorgung beschäftigen. Zu den größeren Studien mit vegan lebenden Kindern zählen die VeChi-Diet-Studie sowie die VeChi-Youth-Studie aus Deutschland. Diese konnten zeigen, dass die Zufuhr vieler Nährstoffe bei vegan ernährten Kindern und Jugendlichen besser ist als bei allesessenden Kindern und Jugendlichen. So nahmen sie unter anderem durchschnittlich am meisten Folat, Vitamin E, Magnesium, Eisen und sogar mehr Vitamin B12 auf und verzehrten weniger Zucker und gesättigte Fettsäuren, dafür mehr Ballaststoffe und ungesättigte Fettsäuren (Weder et al. 2022, Alexy et al. 2022, Alexy et al. 2021). In Hinblick auf die Energiezufuhr und Körpermaße bestanden in der VeChi-Diet-Studie keine signifikanten Unterschiede zwischen den verschiedenen Ernährungsgruppen (Weder et al. 2019). Das Lebensmittelmuster vegan ernährter Kinder und Jugendlicher wurde als gesundheitsförderlich beschrieben (Alexy et al. 2022). Bei manchen Nährstoffen wie Jod und Vitamin D wurden die Zufuhrempfehlungen nicht erreicht, jedoch gilt dies auch für omnivor ernährte Kinder. Ein spezieller Fokus sollte daher auf die Versorgung mit potentiell kritischen Nährstoffe gelegt werden (Weder et al. 2022). Die Studienleiter:innen sahen bei veganen und vegetarischen Kindern und Jugendlichen im Vergleich mit omnivoren keine speziellen Ernährungsrisiken (Alexy et al 2021). Eine umfassende Übersichtsarbeit aus dem Jahr 2023 kommt zu ähnlichen Ergebnissen (Koller et al. 2023). Die Datenlage zu veganer Ernährung in Kindheit, Schwangerschaft und Stillzeit ist allerdings nach wie vor begrenzt und weitere qualitativ hochwertige Forschung wäre wünschenswert.

Welche Nährstoffe sind für Kinder, Schwangere und Stillende essentiell?

Welche Nährstoffe als essentiell gelten – welche Substanzen also vom Körper nicht selbst hergestellt werden können, sondern von außen zugeführt werden müssen –, wird von ernährungswissenschaftlichen Fachgesellschaften festgelegt. Der Publikation von Referenzwerten gehen immer eine umfassende Recherche und Einordnung der aktuellen Studienlage durch eine Reihe an renommierten Wissenschaftler:innen sowie eine ausgiebige Diskussion in Expert:innenkreisen voraus. Sie werden erst dann publiziert, wenn sie als sicher gelten. Daher sollte man diese Empfehlungen ernst nehmen. Möglichst viel von allem ist nicht immer gut, denn die Supplementierung einzelner Substanzen kann Risiken bergen, die zum Teil noch nicht einmal untersucht wurden.

Für Österreich und Deutschland gelten die DGE-/ÖGE-Referenzwerte, die von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) und der Österreichischen Gesellschaft für Ernährung (ÖGE) gemeinsam festgelegt werden. Aufgeschlüsselt nach Alter, Geschlecht und Lebensphase werden die essentiellen Nährstoffe in Form von Übersichtstabellen angeführt, die auf der Website der DGE einsehbar sind. Dabei wird zwischen einer empfohlenen Zufuhr sowie Schätz- und Richtwerten unterschieden. Eine empfohlene Zufuhr wird dann ausgesprochen, wenn der durchschnittliche Bedarf als gesichert gilt (z. B. Protein, Vitamin C, Eisen). Ist der Bedarf dagegen nicht ausreichend bekannt, wird mittels eines Verfahrens ein Schätzwert abgeleitet, der lediglich Hinweise auf eine adäquate Zufuhr liefert (z. B. Vitamin B12, Vitamin E, Selen). Wenn ein Nährstoff nicht essentiell ist und demnach kein Bedarf an einer ausreichenden Versorgung besteht oder der Bedarf stark variiert, wird ein Richtwert definiert (z. B. Fett, Fluorid).

Übersichtlich dargestellt wird der Mehrbedarf an essentiellen Vitaminen und Mineralstoffen in den verschiedenen Trimestern der Schwangerschaft und während der Stillzeit bei „Richtig Essen von Anfang an!“ (REVAN).

In seltenen Fällen sind sich nicht alle Fachgesellschaften in Hinblick auf die Essentialität einzelner Nährstoffe einig. So empfiehlt beispielsweise die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) eine Zufuhr von Cholin, während DGE und ÖGE die Substanz nicht als essentiell einstufen. Wie es zu dieser unterschiedlichen Einordnung kommt, haben wir in unserem Cholin-Artikel ausführlich diskutiert.

Einzelne Wissenschaftler:innen können also durchaus eine Diskussion über weitere Nährstoffe anregen, die sie als essentiell betrachten, wenn sie aus ihrer Sicht neue Erkenntnisse gewonnen haben. Sie können jedoch keine allgemeingültigen Empfehlungen für die Nährstoffzufuhr erstellen. Ebenso wenig können dies Diätolog:innen, Ernährungsberater:innen, Ärzt:innen oder Supplementhersteller. Auch wir als Vegane Gesellschaft orientieren uns daher immer an den offiziellen Empfehlungen der ernährungswissenschaftlichen Fachgesellschaften.

Das ist auch deshalb wichtig, weil es bei Positionen von Einzelpersonen häufig zum Phänomen des Rosinenpickens (auch als „Cherry-picking“ bekannt) kommt: Ergebnisse einer Studie werden unvollständig wiedergegeben oder es werden nur bestimmte Studien ausgewählt, die eine bestimmte These unterstützen. Eine lange Auflistung an wissenschaftlichen Studien mag auf den ersten Blick fundiert wirken – wenn jedoch andere Studien mit gegenteiligem Untersuchungsergebnis verschwiegen werden, kann die Datenlage nicht richtig eingeordnet werden. Rosinenpickerei kommt – ob bewusst oder unbewusst – bei Wissenschaftler:innen ebenso wie bei Journalist:innen und Influencer:innen vor. Auch wir als Vegane Gesellschaft sind davor selbstverständlich nicht gefeit. Indem wir die Positionen von relevanten Fachgesellschaften ernst nehmen und den wissenschaftlichen Konsens beachten, bemühen wir uns jedoch, diese Bias-Gefahr bestmöglich zu reduzieren. Wo noch kein wissenschaftlicher Konsens besteht, wie beim Thema vegane Ernährung, setzen wir auf einen Dialog mit der Forschung und den Fachgesellschaften.

Welche Nährstoffe sollten bei einer veganen Ernährung gezielt beachtet werden?

Während eine pflanzliche Ernährung viele Vitamine und Mineralstoffe wie Vitamin C, Folat und Kalium sowie gesundheitsfördernde Ballaststoffe und sekundäre Pflanzenstoffe enthält und ein günstiges Fettsäuremuster mit wenigen gesättigten, dafür vielen ungesättigten Fettsäuren aufweist, kann es bei anderen Nährstoffen unter Umständen zu Defiziten kommen, sofern die Ernährung nicht ausgewogen zusammengestellt ist. Diese werden auch als „(potentiell) kritische Nährstoffe“ bezeichnet (Richter et al. 2016). Dazu zählen Vitamin B12, Vitamin D und Riboflavin (Vitamin B2), Protein bzw. unentbehrliche Aminosäuren, die langkettigen Omega-3-Fettsäuren EPA und DHA sowie die Mineralstoffe Kalzium, Eisen, Jod, Zink und Selen. Es ist sinnvoll, gezielt auf deren Zufuhr zu achten.

DGE und ÖGE zählen Cholin nicht zu den essentiellen und somit auch nicht zu den kritischen Nährstoffen. Die EFSA empfiehlt dahingegen eine Zufuhr von Cholin (EFSA 2016). Eine adäquate Versorgung mit diesem Vitaminoid dürfte besonders in der Schwangerschaft und Stillzeit relevant sein. Wer auf Nummer sicher gehen möchte, kann die Versorgung ganz leicht über ein Lecithinpräparat auf Basis von Soja, Raps oder Sonnenblumenkernen sicherstellen. Detaillierte Informationen können in unserem ausführlichen Cholin-Artikel nachgelesen werden.

Worauf sollte man bei einer veganen Ernährung bei Kindern, Schwangeren und Stillenden achten?

Die Basis einer ausgewogenen pflanzlichen Ernährung sind die folgenden Lebensmittelgruppen, die täglich verzehrt werden sollten:

  • Gemüse und Obst: Möglichst bunt und abwechslungsreich, saisonale Sorten bevorzugen. Sie liefern Vitamine, Mineralstoffe, sekundäre Pflanzenstoffe und Ballaststoffe und helfen bei der Absorption von Eisen und Zink. Daher sollten sie möglichst Bestandteil jeder Mahlzeit sein. Ein Teil davon sollte roh verzehrt werden.
  • Hülsenfrüchte: Dazu zählen Bohnen, Linsen, Kichererbsen, Erbsen, aber auch Sojaprodukte wie Tofu, Tempeh, Sojamilch, -joghurt und -schnetzel. Sie liefern viel Protein bzw. unentbehrliche Aminosäuren wie Lysin, außerdem viele Mineral- und Ballaststoffe. Idealerweise sollten sie mehrmals täglich konsumiert werden (z. B. Sojamilch zum Frühstück, Linseneintopf zu Mittag, Hummus zum Abendessen).
  • Vollkorngetreide (und Pseudogetreide): Haferflocken, Vollkornnudeln und -brot, Hirse, Quinoa, Couscous, Dinkelreis und vieles mehr. Vollkorngetreide und vor allem Pseudogetreide wie Quinoa sind wertvolle Quellen für Eisen, Zink, Magnesium und einige B-Vitamine.
  • Nüsse und Samen: Sie liefern wichtige Mineralstoffe wie Eisen, Zink und Kalzium, außerdem Protein und ungesättigte Fettsäuren. Die Vielfalt ist groß, Abwechslung ist empfehlenswert.

Walnüsse, Lein- und Chiasamen enthalten die essentielle Omega-3-Fettsäure Alpha-Linolensäure. Kürbiskerne, Sesam und Mohn enthalten viel Zink und Eisen, Mandeln und Sesam viel Kalzium. Paranüsse versorgen mit Selen. Muse aus Nüssen und Samen wie Mandel- oder Cashewmus eignen sich besonders gut für kleine Kinder. Mindestens einmal täglich in den Speiseplan integrieren.

Wer sich so ernährt, deckt automatisch den Großteil aller essentiellen Nährstoffe ab. Während der Schwangerschaft und Stillzeit können Frauen ganz bewusst auf eine ausgewogene, vollwertige Ernährung achten. Während der Kindheit ist diese Ausgewogenheit aufgrund der eigenen Vorstellungen der Kinder manchmal schwieriger. Wichtig ist, weder sich selbst noch das Kind unter Druck zu setzen. Es ist vollkommen in Ordnung, wenn das Kind eine Zeitlang nur weiße Nudeln essen möchte, wenn es ein paar Tage lang keine Nüsse gibt oder mal nicht ausreichend Gemüse verzehrt wird. Vieles gleicht sich im Lauf der Zeit von selbst wieder aus. Was man tun kann: Entspannt bleiben, dem Kind regelmäßig möglichst viele verschiedene Lebensmittel anbieten und selbst mit gutem Beispiel vorangehen.

Zusätzlich sollte man folgendes beachten:

  • Vitamin B12 muss bei einer pflanzlichen Ernährung supplementiert werden. Eine regelmäßige Statusüberprüfung ist während der Schwangerschaft und Stillzeit anzuraten. Welche Dosierung in welchem Lebensalter bei Kindern und Jugendlichen angebracht ist und welche Supplemente in Frage kommen, haben wir in unserer Online-Broschüre „Nahrungsergänzungsmittel: Vegane Säuglinge und Kinder“ zusammengefasst.
  • Die Versorgung mit Vitamin D, Jod und der langkettigen Omega-3-Fettsäure DHA sollte auf jeden Fall gewährleistet sein, da diese Nährstoffe für eine gute Entwicklung des Kindes wichtig sind. Eine Supplementierung ist in vielen Fällen sinnvoll. Ob sie notwendig ist, sollte im individuellen Fall entschieden werden – abhängig vom Vitamin-D-Status und Speiseplan (Wird ausreichend jodiertes Speisesalz bzw. werden Algen konsumiert? Werden viele Alpha-Linolensäure-reiche Lebensmittel wie Leinsamen und Walnüsse verzehrt?).
  • Auch eine Supplementierung von Selen kann vorteilhaft sein, sofern Paranüsse nicht regelmäßig auf dem Speiseplan stehen.
  • Besonderes Augenmerk sollte auf Kalzium gelegt werden: Angereicherte Pflanzenmilch (und andere angereicherte Milchprodukte wie Joghurt) und weitere Kalziumquellen wie Tofu, kalziumreiches Mineralwasser, grüne oxalatarme Gemüsesorten wie Brokkoli und Grünkohl, weiße Bohnen, Mandeln und Tahin sollten mehrmals täglich verzehrt werden.
  • Im Idealfall wird die Versorgung mit allen weiteren potentiell kritischen Nährstoffen (Eisen, Zink, Protein, Vitamin B2) über die Ernährung sichergestellt. Bei einem nachgewiesenen Mangel sollten diese jedoch supplementiert werden.
  • Während der Schwangerschaft und Stillzeit kann ein spezielles Multinährstoffpräparat für zusätzliche Sicherheit sorgen.
  • Aufgrund von potentiellen Vorteilen für die neurokognitive Entwicklung und möglicherweise auch die Prävention von Neuralrohrdefekten kann die Einnahme von Cholin in Form von Sojalecithin (oder Lecithin auf Basis von Sonnenblumenkernen oder Raps) während der Schwangerschaft und Stillzeit sinnvoll sein. In manchen Schwangerschafts-Multinährstoffpräparaten ist Cholin bereits enthalten.
  • Während der ersten 1–2 Lebensjahre sollte das Kind als Ergänzung zu Lebensmitteln Muttermilch bekommen. Sie versorgt mit essentiellen sowie bedingt essentiellen Nährstoffen – also solchen, die der menschliche Körper eigentlich selbst herstellen kann, der Säugling jedoch noch nicht. Dazu gehören bestimmte Aminosäuren wie Histidin, Taurin, L-Carnitin und Arachidonsäure. Alternativ kann Säuglingsnahrung (Formulanahrung) gegeben werden.

Darum sind Eier nicht notwendig

Eier sind keine essentiellen Lebensmittel. Sie enthalten lediglich Nährstoffe, die aber auch auf anderem Weg aufgenommen werden können. Wir gehen in weiterer Folge kurz auf alle relevanten Nährstoffe ein und zeigen, wie eine rein vegane Versorgung möglich ist.

Eiweiß

Die Bezeichnung „Eiweiß“ verrät es bereits: Eier enthalten mit einem Anteil von 13 % viel Protein – noch dazu leicht verdauliches von guter Qualität. Alle unentbehrlichen Aminosäuren, aus denen Protein aufgebaut ist, können jedoch genauso gut über pflanzliche Lebensmittel aufgenommen werden. Besonders reich an Eiweiß sind Tofu und andere Sojaprodukte wie Tempeh und Sojaschnetzel, sämtliche Hülsenfrüchte, Seitan, Getreide und Getreideprodukte inklusive Nudeln und Brot sowie Nüsse und Samen. Mit einer abwechslungsreichen Ernährung auf Basis dieser Lebensmittel kann eine ausreichende Proteinzufuhr problemlos sichergestellt werden, sofern genug Energie zugeführt wird. Das gilt auch für Schwangerschaft, Stillzeit und Kindheit. Durch die Kombination von Hülsenfrüchten und Getreide ergibt sich ein besonders gutes Aminosäureprofil. Beispiele hierfür sind Hafer-Porridge mit Sojamilch, Kichererbsencurry mit Reis und Spaghetti mit Linsen- oder Sojabolognese.

Vitamin A

Vitamin A ist das wichtigste Vitamin in Eiern. In 100 g Hühnerei sind 270 µg enthalten (BLS 3.02), in einem Hühnerei mit einem Durchschnittsgewicht von 58 g sind es somit 157 µg. Pflanzliche Lebensmittel enthalten zwar kein Vitamin A, dafür jedoch β-Carotin und weitere Carotinoide mit Provitamin-A-Aktivität. Der menschliche Körper kann diese in Vitamin A umwandeln. Aus 12 µg β-Carotin kann 1 µg Vitamin A gebildet werden. Zahlreiche orange-/rotfarbene sowie dunkelgrüne Gemüse- und Obstsorten weisen einen hohen β-Carotin-Gehalt auf. 20 g Karotten enthalten beispielsweise 1.964 µg β-Carotin, was 164 µg Vitamin A entspricht – also mehr, als in einem Ei enthalten ist. Zur Einordnung: Kinder im Alter von 3 Jahren sollten laut Empfehlungen von DGE und ÖGE 300 µg pro Tag aufnehmen. Mit 40 g Karotten sind sie also optimal versorgt. Schwangeren wird eine Zufuhr von 800 µg empfohlen, Stillenden 1.300 µg. Einige Menschen können β-Carotin vermutlich aufgrund eines Enzymmangels schlechter in Vitamin A umwandeln, weshalb ihnen vorsichtshalber eine ca. doppelt so hohe Zufuhr an β-Carotin zu empfehlen ist. Außerdem sollten β-Carotin-reiche Lebensmittel gekocht und gemeinsam mit etwas Fett konsumiert werden.

Weitere Vitamine und Mineralstoffe

Eier enthalten zahlreiche weitere Nährstoffe, darunter Vitamin B2, Vitamin B12, Vitamin D, Folsäure und Eisen, die jedoch in keinen großen Mengen enthalten sind. Der Vitamin-D-Gehalt beträgt 2,9 µg je 100 g (BLS 3.02) – nur ein Bruchteil des Tagesbedarfs von 20 µg. Auch der Vitamin-B12-Bedarf könnte selbst mit einer extrem hohen Menge von zwei Eiern pro Tag nicht gedeckt werden. Weitere Nährstoffe wie Folsäure und Eisen sind in zahlreichen pflanzlichen Lebensmitteln wie Vollkorngetreide und grünen Gemüsesorten viel stärker als in Eiern vertreten.

Cholin

Ob Cholin per Nahrung zugeführt werden muss und, wenn ja, in welcher Höhe, wird derzeit noch kontroversiell diskutiert. Die Datenlage ist dürftig und die Einschätzungen der Fachgesellschaften fallen sehr unterschiedlich aus. Tatsache ist, dass Eier einen relativ hohen Cholingehalt aufweisen. Tatsache ist aber auch, dass Cholin in zahlreichen pflanzlichen Lebensmitteln vorkommt. Mit einer abwechslungsreichen, vollwertigen Ernährung auf Basis von Hülsenfrüchten, Vollkorngetreide, Gemüse sowie Nüssen und Samen ist eine Versorgung mit 400 mg Cholin pro Tag, wie es die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit für Erwachsene vorschlägt (EFSA 2016), möglich. Besonders cholinreich sind unter anderem Sojaprodukte wie Tofu, weitere Hülsenfrüchte, Quinoa sowie Nüsse und Samen. Als Ergänzung kann während der Schwangerschaft und Stillzeit zur Sicherheit ein Lecithinpräparat eingenommen werden.

Arachidonsäure

Die Fettsäure Arachidonsäure kommt fast nur in Tierprodukten vor, kann jedoch vom Körper aus der Vorstufe Linolsäure selbst gebildet werden. Linolsäure ist reichlich in vielen pflanzlichen Ölen sowie Nüssen und Samen enthalten, daher ist ein Mangel bei einer veganen Ernährung nicht zu befürchten. Arachidonsäure ist unter anderem ein wichtiger Bestandteil von Zellmembranen und die Ausgangssubstanz für Entzündungsmediatoren. Eine zu hohe Zufuhr oder Bildung von Arachidonsäure kann jedoch mit negativen Folgen verbunden sein: Möglich sind entzündliche, gefäßverengende sowie Blutplättchen aktivierende Reaktionen (Saini & Keum 2018). Bei bestimmten Erkrankungen wie rheumatoider Arthritis können Betroffene daher von einer Reduktion der Arachidonsäurezufuhr profitieren. Für gesunde Menschen ist ein gutes Verhältnis der Zufuhr von Omega-3- zu Omega-6-Fettsäuren zu empfehlen. Arachidonsäure ist Bestandteil von Muttermilch, da der Säugling Arachidonsäure noch nicht ausreichend selbst herstellen kann. Der Zusatz zu Säuglingsanfangsnahrung ist in der EU zwar nicht gesetzlich vorgeschrieben, wird aber von verschiedenen Fachgesellschaften empfohlen. Vegan ist dies in Form des Pilzöls Mortierella alpina möglich, das in vielen Produkten enthalten ist.

Fazit: Kinder brauchen keine Eier

  • Eier sind keine essentiellen Lebensmittel. Sie enthalten gewisse Nährstoffe, die über eine vegane Ernährung wunderbar abgedeckt werden können.
  • Immer mehr Studien belegen, dass eine ausgewogene vegane Ernährung während der Kindheit, Schwangerschaft und Stillzeit sehr gut umsetzbar ist und eine gesunde Entwicklung der Kinder unterstützt. Weitere Forschung ist dennoch wünschenswert.
  • Eine ausgewogene vegane Ernährung besteht aus einer bunten Mischung aus Gemüse und Obst, Hülsenfrüchten, Vollkorngetreide sowie Nüssen und Samen. Vitamin B12 sollte auf jeden Fall supplementiert werden. Je nach individuellem Lebensstil, Speiseplan und Ernährungsstatus kann auch die Ergänzung von anderen potentiell kritischen Nährstoffen wie Vitamin D, DHA und Jod sinnvoll sein.
  • Dank Muttermilch (alternativ Säuglingsnahrung) wird der Säugling während der ersten Lebensmonate sowohl mit essentiellen Nährstoffen als auch mit bedingt essentiellen Nährstoffen wie bestimmten Aminosäuren, Taurin und Arachidonsäure versorgt. Für ältere Kinder sind diese bedingt essentiellen Nährstoffe nicht notwendig, da der Körper sie selbst herstellen kann.

Quellen

Alexy, Ute; Fischer, Morwenna; Weder, Stine; Längler, Alfred; Michalsen, Andreas; Keller, Markus. 2022. Food group intake of children and adolescents (6-18 years) on a vegetarian, vegan or omnivore diet: results oft he VeChi Youth Study. British Journal of Nutrition (128), 851–862. doi: 10.1017/S0007114521003603

Alexy, Ute; Fischer, Morwenna; Weder, Stine; Längler, Alfred; Michalsen, Andreas; Sputtek, Andreas; Keller, Markus. 2021. Nutrient Intake and Status of German Children and Adolescents Consuming Vegetarian, Vegan or Omnivore Diets: Results of the VeChi Youth Study. Nutrients (13:5), 1707. doi: 10.3390/nu13051707

Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft. 2024. Bundeslebensmittelschlüssel 3.02. https://www.blsdb.de/

Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V & Österreichische Gesellschaft für Ernährung. DGE/ÖGE-Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr. https://www.dge.de/wissenschaft/referenzwerte/ (Zugegriffen: 23.06.2024)

EFSA Panel on Dietetic Products, Nutrition and Allergies. 2016. Dietary Reference Values for choline. EFSA Journal (14:8), 1–76.

Koller, Alina; Rohrmann, Sabine; Wakolbinger, Maria; Gojda, Jan; Sellinger, Eliška; Cahova, Monika; Světnička, Marin; Haider, Sandra; Schlesinger, Sabrina; Kühn, Tilman; Keller, Jeffrey W. 2023. Health aspects of vegan diets among children and adolescents: a systematic review and meta-analyses. Critical Reviews in Food Science and Nutrition. doi: 10.1080/10408398.2023.2263574

Richter, Margit; Kroke, Anja; Grünewald-Funk, Dorle; Heseker, Helmut; Virmani, Kiran; Watzl, Bernhard für die Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE). 2020. Ergänzung der Position der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e. V. zur veganen Ernährung hinsichtlich Bevölkerungsgruppen mit besonderem Anspruch an die Nährstoffversorgung. Ernährungs Umschau – Sonderheft 5: Vegan. doi: 10.4455/eu.2020.044

Richter, Margit; Boeing, Heiner; Grünewald-Funk, Dorle; Heseker Helmut; Kroke, Anja; Leschik-Bonnet, Eva; Oberritter, Helmut; Strohm, Daniela; Watzl, Bernhard für die Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE). 2016. Vegane Ernährung. Position der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE). Ernährungs Umschau (63), 92–102.

Saini, Ramesh Kumar; Keum, Young-Soo. 2018. Omega-3 and omega-6 polyunsaturated fatty acids: Dietary sources, metabolism, and significance – A review. Life Sciences (203) 255–267. doi: 10.1016/j.lfs.2018.04.049

Weder, Stine; Hoffmann, Morwenna; Becker, Katja; Alexy, Ute; Keller, Markus. 2019. Energy, Macronutrient Intake, and Anthropometrics of Vegetarian, Vegan, and Omnivorous Children (1-3 Years) in Germany (VeChi Diet Study). Nutrients (11:4), 832. doi: 10.3390/nu11040832

Weder, Stine; Keller, Markus; Fischer, Morwenna; Becker, Katja; Alexy, Ute. 2022. Intake of micronutrients and fatty acids of vegetarian, vegan, and omnivorous children (1-3 years) in Germany (VeChi Diet Study). European Journal of Nutrition (61), 1507–1520. doi: 10.1007/s00394-021-02753-3

Bildquelle: Everste