Mandeln statt Kühe

Mandeln statt Kühe

20.09.2016

Mandelmilch ist schon seit dem Mittelalter bekannt und hat sich über die Iberische Halbinsel in das restliche Europa und Ostasien ausgebreitet. Ausgehend von den USA hat sich Mandelmilch in den letzten Jahren als beliebter Kuhmilchersatz etabliert. Die global steigende Nachfrage nach Mandeln hat den Anbau von Mandeln intensiviert und führt zu ökologischen Herausforderungen, vor allem im trockenen Kalifornien, wo 80 Prozent der Mandeln weltweit geerntet werden. Der Mandelbaum hat hohe Ansprüche an die klimatischen Bedingungen seiner Umgebung und benötigt relativ viel Wasser. Weiters müssen die Blüten von Insekten wie Bienen bestäubt werden. Sind die Bedürfnisse des Mandelbaums befriedigt, ist er äußerst produktiv und trägt viele Früchte.

Mandel- und Milchproduktion in den USA

Kalifornien führt die Mandel- und Milchproduktion in den USA an. Während es zu Beginn der 1950er Jahre kaum Mandelbäume gab, zählen sie nun zum typischen landschaftlichen Erscheinungsbild. Die Mandel stellt eines der lukrativsten Agrarexportgüter dar und aufgrund steigender Nachfrage entschließen sich immer mehr Landwirt:innen in den Mandelanbau einzusteigen oder ihre Kuhmilchhaltung zugunsten des Mandelanbaus aufzugeben. So werden Kühe durch Mandelbäume ersetzt, gegenüber dem Vorjahr werden deswegen etwa 10.000 Kühe weniger gehalten. Aber nicht nur die höhere Nachfrage nach Mandeln kurbelt deren Produktion an. Die Erhöhung des Mindestlohns in Kalifornien führt zu einer Verschiebung von der arbeitsintensiveren Milchwirtschaft zur Mandelproduktion, die weniger Arbeitskrafteinsatz erfordert. Letztes Jahr wurde in den USA mit Mandelmilch ein Umsatz von 890 Millionen USD erzielt, drei Mal mehr als mit Sojamilch. Mandelmilch ist in den USA mit Abstand die beliebteste Pflanzenmilch. Obwohl der tierische und pflanzliche Milchmarkt weiterhin von Kuhmilch dominiert wird (90 Prozent), sinkt der Milchkonsum in den USA kontinuierlich. Während 1970 noch 0,9 Gläser pro Tag konsumiert wurden, waren es 2010 nur noch 0,6 Gläser, also um ein Drittel weniger.

Durstige Kühe oder Mandelbäume?

Ökologische Bedenken bezüglich der Mandelproduktion äußern sich oftmals wegen dem hohen Wasserbedarf der Pflanze und dem gleichzeitigen Anbau in dürren Regionen in Kalifornien. Eine einzelne Mandel benötigt etwa 19 Liter Wasser, doch auch andere Pflanzen benötigen ähnlich oder sogar mehr Wasser. Eine Tomate benötigt bis zur Erntereife etwa 12 Liter Wasser, eine Walnuss beinahe 20 Liter. Während 10 Prozent des kalifornischen Wasserverbrauchs auf die Mandelproduktion entfällt, wird etwa ein Drittel für die Produktion tierischer Lebensmittel verwendet. Zur Produktion von 1 kg Mandeln werden etwa 16.000 Liter Wasser benötigt, in etwa dieselbe Menge wie zur Produktion von 1 kg Rindfleisch. Ein Liter Kuhmilch hat einen Wasserfußabdruck von 1.000 Liter, für die Herstellung von Mandelmilch werden hingegen etwa 320 Liter Wasser benötigt (angenommen Mandelmilch enthält 2 Prozent Mandeln, wie es bei konventioneller Mandelmilch meist der Fall ist). Die Herstellung von einem Liter Kuhmilch erfordert somit über 3 Mal so viel Wasser. Es wäre falsch Mandeln oder die daraus gewonnene pflanzliche Milch alleine für das Dürreproblem in Kalifornien verantwortlich zu machen.

Bestäubung durch fleißige Bienen

Die Mandelproduktion wird oft mit dem Bienensterben in Verbindung gebracht. Die Ursachen des mysteriösen Bienensterbens sind bis heute nicht eindeutig geklärt und es wird angenommen, dass dieses verschiedene Ursachen hat. Dazu zählt etwa der Befall durch die Varroa-Milbe. Der hohe Pestizideinsatz in der Landwirtschaft schwächt die Bienen und macht sie krankheitsanfälliger. Durch die Bestäubung von Monokulturplantagen erhalten Bienen oftmals nicht alle benötigten Nährstoffe und werden krank. Die Probleme für Bienen durch Pestizideinsatz und Monokulturanbau werden von verschiedenen Pflanzen hervorgerufen, der Mandelbaum ist nicht als Alleinschuldiger zu sehen. Charakteristisch für den Mandelanbau in Kalifornien ist jedoch die starke Abhängigkeit von Bienen. Rund um die Plantagen sind zu wenige Bienen ansässig und deswegen werden jährlich 1,6 Millionen Bienenstöcke quer durch die USA transportiert, um die Mandelbäume in deren kurzen Blütezeit im Februar zu bestäuben. So halten sich etwa 60 Prozent der US-Bienen zur Blütezeit bei den Mandelplantagen auf. Das Geschäft mit den Bienen floriert und mittlerweile verdienen Imker:innen durch den Transport von Bienen und deren Bestäubungsleistungen besser als durch den Verkauf von Honig.

Nährstoffreiche Nuss

Mandeln sind protein- und ballaststoffreich, enthalten bedeutende Mengen an Kalzium, Kupfer, Magnesium, Vitamin E, Vitamin B1, Vitamin B2 und ungesättigten Fettsäuren. Regelmäßiger Verzehr von Mandeln wirkt blutdruck- und cholesterinsenkend sowie Herz-Kreislauf-Erkrankungen entgegen. Mandelmilch ist von Natur aus soja-, laktose- und glutenfrei. Der Energie- und Nährstoffgehalt von Mandelmilch variiert je nach Marke erheblich. Manche Hersteller:innen setzen Mineralstoffe und Vitamine wie Vitamin B2, Vitamin B12 und Vitamin E zu. Biologische Mandelmilch enthält meist mehr Mandeln (ca. 6-7 Prozent) als konventionelle Mandelmilch (ca. 2 Prozent). Dies schlägt sich auch im Energiegehalt nieder: Biologische Mandelmilch hat ungesüßt rund 30 kcal bzw. gesüßt 40-50 kcal. Energieärmer ist hingegen konventionelle Mandelmilch, die ungesüßt etwa 15 kcal und gesüßt 25 kcal enthält. Stabilisatoren und Emulgatoren wie Gellan, Johannisbrotkernmehl und Guarkernmehl finden sich in konventionellen Produkten. Biologische Mandelmilchprodukte bestehen meist nur aus Wasser, Mandeln und eventuell Agavensirup oder Maltodextrin. Wer Mandelmilch lieber selber machen möchte, dem:der ist dieses Rezept empfohlen. Kritiker:innen, die Pflanzenmilch als unnatürliche und künstliche Lebensmittel bezeichnen, sollten beachten wie Kuhmilch hergestellt wird. Kuhmilch wird von der Mutterkuh für deren Kalb hergestellt, der Mensch ist das einzige Lebewesen, das die Muttermilch eines anderen Tieres konsumiert. Der Einsatz von Pestiziden zum Futtermittelanbau, der tausende kilometerlange Transport von Futtermitteln, der Einsatz von Antibiotika, die sofortige oder frühzeitige Trennung von Mutter und Kind – all diese Faktoren lassen Kuhmilch nicht gerade als natürliches und umweltfreundliches Lebensmittel erscheinen.

Fazit

Mandeln werden vor allem im trockenen Kalifornien angebaut und verdrängen dort immer mehr die Milchwirtschaft. Der Mandelbaum benötigt viel Wasser und die Bestäubung durch Bienen. Dennoch wird für die Produktion von Mandelmilch weniger Wasser als für Kuhmilch benötigt. Im Handel sind auch Mandelmilchprodukte mit biologischen, europäischen Mandeln erhältlich. So kann der nicht tierfreundliche Umgang mit Bienen für die Bestäubung von Mandelbäumen umgangen werden. Alles in allem ist der Rückgang des Milchkonsums zugunsten von Mandelmilch als Schritt in die richtige Richtung zu sehen.

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