Überdüngung durch (Massen-)Tierhaltung

Überdüngung durch (Massen-)Tierhaltung

20.02.2022

Verlieren wir den Boden unter unseren Füßen?

Böden ermöglichen Pflanzenwachstum, reinigen Wasser, regulieren das Klima – ein Leben ohne gesunde Böden ist nicht möglich. Die 1960er-Jahre haben die „Grüne Revolution“ und somit die hochindustrialisierte Landwirtschaft eingeläutet, die gekennzeichnet ist von hohem Einsatz von Düngemitteln, Pestiziden, Hochleistungspflanzen und Massentierhaltung. Seitdem hat beinahe die Hälfte aller Böden bemerkbar an organischer Substanz verloren. Die Überdüngung mit Gülle und Mineraldünger führte zu Bodenversauerung, Humusabbau und verminderter Bodenfruchtbarkeit. Derzeit dienen fast 80 Prozent der landwirtschaftlichen Flächen der Produktion von tierischen Lebensmitteln (1).

Düngemittel – die Nahrung der Pflanzen?

Pflanzen benötigen zum Wachsen vor allem Stickstoff, Phosphor und Kalium. Je nach Bodenart und klimatischen Bedingungen liegen diese Nährstoffe oft nur unzureichend in den Böden vor. Diese reichern sich auch im Obst, Gemüse und Getreide an und werden mit der Ernte abgeführt. Durch das Düngen werden die Böden mit diesen Nährstoffen angereichert. Ziel ist eine optimale Nährstoffversorgung der Pflanzen, um Ernteerträge zu sichern oder zu erhöhen. Düngemittel werden nach deren chemischer Zusammensetzung in organische und mineralische Dünger eingeteilt. 

Organische Düngemittel

Organische Abfälle und Reststoffe wie Bioabfall, Kompost, Gärrückstände, Gülle und Mist können zum Düngen eingesetzt werden. Die Nährstoffe kommen in einer wechselnden Zusammensetzung vor, unterstützen so den Erhalt von Humus und versorgen auch die Bodenlebewesen mit Nährstoffen. In der intensiven Landwirtschaft ist der Wirtschaftsdünger, also Gülle und Mist, meist für die Umwelt problematischer als Mineraldünger, da letzterer gezielter eingesetzt werden kann. Das Problem verschärft sich durch die Massentierhaltung und die enormen anfallenden Mengen an Gülle, vor allem in der Rinder- und Schweinehaltung.

Mineralische Düngemittel

Zur Gewinnung von Mineraldünger werden entweder natürliche Rohstoffe abgebaut und aufbereitet (etwa Phosphor aus Gestein) oder künstlich hergestellt (etwa Stickstoff mittels Haber-Bosch-Verfahren). Problematisch ist der hohe Energie- und Rohstoffverbrauch sowie Treibhausgasausstoß bei der Herstellung von Mineraldüngern. So entfallen 2 Prozent der globalen Treibhausgasemissionen auf die Produktion von Stickstoffdünger (2). Weiters gehen die Vorräte an Phosphor zur Neige. Die Produktion von tierischen Lebensmitteln hängt stark mit dem Bodenverlust in Südamerika zusammen: Dort werden die wertvollen Regenwälder gerodet, um Weideflächen und Ackerflächen für Futtermittel zu schaffen, welche unter hohem Einsatz von Pestiziden und Mineraldünger angebaut werden. Der Boden ist innerhalb kürzester Zeit ausgelaugt und unfruchtbar.

Der Stickstoff läuft im Kreis

In ökologischen Kreisläufen zirkulieren die Nährstoffe und werden in einem Gleichgewicht gehalten. Obwohl die Luft zu 78 Prozent aus Stickstoff besteht, können Pflanzen und Tiere diesen atmosphärischen Stickstoff nicht nutzen. Hier kommen die tüchtigen und unverzichtbaren Mikroorganismen im Boden ins Spiel: Knöllchenbakterien in Symbiose mit Leguminosen und Cyanobakterien besitzen die Fähigkeit, Luftstickstoff in die für Pflanzen verwertbaren Moleküle umzuwandeln. Pflanzen benutzen diesen Stickstoff zum Wachsen, Tiere und Menschen nehmen ihn durch das Konsumieren von Pflanzen auf. In Kot und Urin wird Stickstoff wieder ausgeschieden. Diese Exkremente werden von Mikroorganismen abgebaut und der Stickstoff wieder im Boden den Pflanzen zur Verfügung gestellt. Menschliche Eingriffe in die Natur, wie das übermäßige Ausbringen von Gülle, stören das Gleichgewicht des Stickstoffkreislaufs.

Massentierhaltung – Der Boden kommt aus dem Gleichgewicht

An der Massentierhaltung leiden selbstverständlich die betroffenen Tiere am meisten, doch auch Boden, Wasser, Luft und Klima werden durch die Güllemengen in Mitleidenschaft gezogen. Schweine und Hühner werden meist in Hallen gehalten, auch die meisten Rinder sehen nur selten eine Weide. Durch den Import von Futtermitteln entwickelte sich eine Intensivlandwirtschaft, die trotz fehlender Äcker und Weiden zigtausende Tiere halten kann. Die tierischen Exkremente lassen sich jedoch nicht in ökologische Kreisläufe integrieren – es stehen keine oder zu wenige Flächen für die Ausbringung von Kot und Urin zur Verfügung. Die Nährstoffkreisläufe kommen aus dem Gleichgewicht und Böden werden mit Gülle überdüngt. Im Westen Deutschlands, wo besonders viele Tiere in Massentierhaltung leben müssen, sind besorgniserregende Nitratwerte im Trinkwasser messbar. Anstatt weniger Tiere zu halten, hat sich ein Güllehandel etabliert: Hohe Mengen an Gülle aus dem Westen werden in den Osten Deutschlands transportiert.

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Die Auswirkungen der tierischen Exkremente auf Wasser, Klima und Luft

Die hohen Stickstoffmengen aus den Düngemitteln können nicht vollständig von den Pflanzen aufgenommen werden. Im Boden angereichert, lassen sie diesen versauern, ausgeschwemmt belasten sie Gewässer und führen in diesen zur Eutrophierung, einem Überangebot an Nährstoffen, und einem rasanten Algenwachstum. Wenn diese Algen absterben, werden sie von Mikroorganismen unter hohem Sauerstoffverbrauch abgebaut – Sauerstoff, der anderen Lebewesen in den Gewässern fehlt und Fischsterben verursacht. Durch die Überdüngung reichert sich Nitrat im Grundwasser an, das unter Umständen in das gesundheitsgefährdende Nitrit umgewandelt wird. Der Grenzwert von Nitrat beträgt in der EU 50 mg/l, in Österreich wird dieser bereits an jeder zehnten Messstelle überschritten (4).

Gülle fällt in landwirtschaftlichen Betrieben mit Tierhaltung ständig an, diese darf jedoch nur in bestimmten Mengen und zu bestimmten Zeiten auf den Feldern ausgebracht werden. Im Winter etwa ist das Ausbringen verboten, da die kalten Böden und die Vegetation die Gülle nicht aufnehmen können und es sofort zu einer Ausschwemmung in Gewässer kommen würde. Sowohl bei der Lagerung als auch bei der Ausbringung von Gülle kommt es zu einem Abbau der Stoffe zu Ammoniak und den Treibhausgasen Lachgas und Methan. Die Überdüngung heizt den Klimawandel somit weiter an. Da die Zersetzung von Exkrementen schon in den Ställen beginnt, wird in diesen Ammoniak freigesetzt und führt bei zahlreichen Tieren zu Atemwegserkrankungen. Durch den Regen wird das Ammoniak aus der Luft in die Böden befördert und wirkt als zusätzlicher Dünger. 

Nachhaltige Lösungen

In der biologischen Landwirtschaft wird auf Pestizide und Mineraldünger verzichtet. Die Düngung erfolgt mit organischem Dünger wie Gülle, Mist und Kompost. Weiters wird Blut-, Knochen-, Horn- und Fischmehl zur Düngung eingesetzt. Die Tiere dürfen nur mit biologischem Futter gefüttert werden und die Tierbestände stehen in einer umweltverträglicheren Relation zur verfügbaren Fläche. Pro Hektar und Jahr dürfen maximal 170 kg Stickstoff aus tierischem Dünger ausgebracht werden (5). Das begrenzt wiederum, wie viele Tiere pro Hektar gehalten werden dürfen. Hintergrund ist, die nötigen Futtermittel selbst anzubauen und die anfallenden Exkremente in den ökologischen Kreislauf integrieren zu können. Es sollte jedoch nicht übersehen werden, dass Tiere in der Biohaltung einen ebenso qualvollen Tod im Schlachthaus erleben wie jene in der konventionellen Haltung.

Hingegen werden in der bio-veganen Landwirtschaft keine Tiere gehalten, denn die ethischen Prinzipien des Veganismus werden ebenso verfolgt wie die biologische Anbauweise (6). Bei der Düngung wird auf Gülle und Mist verzichtet. Um den Boden mit den nötigen Nährstoffen zu versorgen, wird auf Gründüngung gesetzt: Es werden gezielt Pflanzen zur Bodenverbesserung angebaut. Leguminosen wie Erbsen, Ackerbohnen, Lupinen und Klee reichern die Böden mit Stickstoff an, unterstützen den Humusaufbau und verbessern die Bodenqualität.

Zur Bekämpfung des Gülleproblems ist eine Bindung der Tierbestände an die vorhandene Fläche notwendig. Durch eine rein oder vorwiegend pflanzliche Ernährung fällt nicht nur weniger Gülle an, es werden auch weniger Futtermittel benötigt, die meist hohen Mineraldüngereinsatz verursachen. Derzeit werden etwa 80 Prozent des Sojas und 40 Prozent des Getreides weltweit als Futtermittel verwendet (7). Sozial und ökologische Probleme sind die Folge. Die Bevorzugung von biologischen Lebensmitteln ist ebenso ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung.

Foto: fotolia.com|animaflora

Quellen

(1) Food and Agriculture Organization. 2018. Food and agriculture data. https://www.fao.org/faostat/en.

(2) Menegat, Stefane; Ledo, Alicia; Tirado, Reyes. 2022. Greenhouse gas emissions from global production and use of nitrogen synthetic fertilisers in agriculture. Scientific Reports 12 ( 14490).

(3) Steinfeld, Henning; Gerber, Pierre; Wassenaar, Tom; Rosales, Mauricios; de Haan, Cees. 2006. Livestock’s long shadow. Environmental issues and options. Rom: Food and Agriculture Organization of the United Nations.

(4) Umweltbundesamt. 2023. Nitrat und Pflanzenschutzmittelhttps://www.umweltbundesamt.at/wasser/informationen/grundwasser/nitrat-pflanzenschutzmittel.

(5) Bio Austria. 2023. Bio Austria Richtlinie Zukaufsregelung Düngerhttps://www.bio-austria.at/a/bauern/bio-austria-richtlinie-zukaufsregelung-duenger/.

(6) Förderkreis Biozyklisch-Veganer Anbau. 2023. https://biozyklisch-vegan.org/.

(7) Food and Agriculture Organization. 2023. FAOSTAT Data. http://www.fao.org/faostat/en/?#data/.